Von der Liebe zu Netzwerken und Quantenphysik: Frauen in der IT-Sicherheit

In IT-Berufen, speziell in der Branche IT-Sicherheit, sind Frauen klar unterrepräsentiert. In den folgenden Interviews erzählen Frauen von ihren Erfahrungen und Gedanken zum Weltfrauentag.

Die Geschichte der Informationstechnik ist ohne prägende weibliche Persönlichkeiten nicht denkbar. Ein Blick in die gegenwärtige Praxis, auf Veranstaltungen oder Vorträge, offenbart jedoch deutlichen Nachholbedarf.  Der Frauenanteil in der IT-Branche wächst zwar stetig, doch in vielen Feldern bleibt vergleichsweise niedrig. So sprechen Studien von einem Frauenanteil von elf bis 20 Prozent in der IT-Sicherheit.

Zum Weltfrauentag am 8. März teilen Mitarbeiterinnen aus unserem Unternehmen Thinking Objects, in Kurzinterviews ihre persönlichen Gedanken zu diesem wichtigen Thema und ihre individuellen Erfahrungen.

 

Alina Radulovic, Auszubildende

Hallo, Alina, bitte erzähle uns doch einmal kurz von dir persönlich und was dein Beruf ist?
Ich bin 18 Jahre alt und habe mit 16 meine Ausbildung zur Fachinformatikerin für Systemintegration hier bei der Thinking Objects angefangen. Aktuell bin ich im 3. Lehrjahr.

Wie bist in der IT-Branche gelandet?
Ich habe mich häufiger mit Internet, Handys, etc. auseinandergesetzt. In der Schule hatten wir viele Eignungstests, unterstützt durch die Bundesagentur für Arbeit. Und dort kam jedes Mal mein Beruf, den ich jetzt lerne, heraus.

Hat dich Technologie schon immer interessiert?
Immer ist relativ, als ich klein war noch nicht. Da ich kein Praktikum in der IT-Branche bekommen habe, habe ich eines in einer Kinderkrippe für 0,5-3-Jährige gemacht, was mir auch Spaß gemacht hat. Da mich die IT aber ebenfalls interessiert hat und ich dadurch auch sehr gute Zukunftschancen habe, habe ich mich für diese Richtung entschlossen

Was gefällt dir an deiner Tätigkeit am meisten?
Zu wissen, dass ich etwas Sinnvolles für die Zukunft lerne, was man immer gebrauchen kann

Wo findet man dich in der Freizeit am ehesten?
Aktuell bei Corona voraussichtlich auf dem Sofa. Ansonsten im Fitnessstudio oder bei Unternehmungen mit Freunden.

Was möchtest du Frauen oder Mädchen mitgeben, die sich für Technik interessieren?
Im Hinblick auf die Ausbildung: Man kann auch ohne Vorwissen in die IT gehen und es sich beibringen und zeigen lassen. Gleichzeitig braucht es aber auch den nötigen Biss. Aber an sich kann man sich als Frau in der IT gut behaupten.

Welchen Ratschlag verfolgst du bis heute?
Niemand kann alles.

Welchen Herausforderungen begegnest du als Frau in deinem Beruf?
Bei mir ist das Problem eher das Alter. Da merke ich oft, dass mein Wissensstand noch nicht so weit ist.

Frauen in der IT-Sicherheitsbranche sind noch eine Minderheit. Was denkst du darüber?
Es ist das alte Bild von: „Mann beschäftigt sich mit den komplizierten Sachen und verdient das Geld und Frau passt auf die Kinder auf“. Glücklicherweise ändert sich das gerade. Deshalb denke ich, dass in naher Zukunft die Frauen zwar immer noch in der Unterzahl sind, sich dieses Problem aber langfristig löst. Viele werden auch in der Schule nicht darüber informiert, dass es diesen Weg gibt. Oftmals ist hier nur Kaufmann/frau oder Kassierer/in etc. im Gespräch.

Wer sind deine persönlichen oder beruflichen Vorbilder?
Ich bewundere diejenigen mit viel Wissen, die dann auch noch die Gabe besitzen, dieses Wissen verständlich weiterzugeben. Erklären kann nicht jeder.

 

 

Christina Sedderz

Christina Sedderz, Ausbildungsleitung

Hallo Christina, bitte erzähle uns doch einmal kurz von dir persönlich und was dein Beruf ist?
Ich bin bei der TO Ausbilderin für IT-Berufe seit 2010 und von der IHK für alle vier IT-Ausbildungsberufe zugelassen. Ich habe zwei Kinder. Meine Tochter ist in der Games-Branche tätig und mein Sohn studiert Geowissenschaften. Technik liegt bei uns in der Familie.

Wie bist du in der IT-Branche gelandet?
Nach meinem Abitur in Rumänien habe ich Mechanikerin für Baustellenfahrzeuge gelernt. Nachdem ich nach Deutschland gekommen bin mit 25 Jahren, habe ich eine Umschulung zur IT-Systemkauffrau gemacht. Dort flammte meine Begeisterung für Netzwerke auf, die mich seitdem nie losließ. Danach folgte ein Studium der Wirtschaftswissenschaften. Durch Zertifikate als SAP-Consultant und als CISCO-Trainer bin ich in die Trainingsbranche gekommen.

Hat dich Technologie schon immer interessiert?
Die Welt der Logik und Wissenschaft, also die abstrakte Welt, sehe ich stets vor meinen Augen mit der realen Welt verwoben. Sie ist daher für mich von großer Bedeutung.

Was gefällt dir an deiner Tätigkeit am meisten?
Dass ich mich nie langweile. Es gibt immer neue Dinge zu lernen, und eine Fülle an Informationen zu entdecken.

Wo findet man dich in der Freizeit am ehesten?
Das hängt meist vom Wetter ab.  Wenn ich zu Hause bin, gehe ich gerne spazieren, lese oder male.

Was möchtest du Frauen oder Mädchen mitgeben, die sich für Technik interessieren?
Sie sollen sich nicht einreden lassen, dass sie als Frauen etwas nicht schaffen können. Sprüche wie “Frauen und Technik” sind verheerend und von vielen Eltern fehlt die Unterstützung. Deshalb mein Rat: Lasst diese negativen Gefühle nicht aufkommen. Widmet euch kleinen Projekten, auch im IT-Umfeld und macht euch die Hände schmutzig! Und: Lernen, lernen, lernen.

Welchen Ratschlag verfolgst du bis heute?
Lass dich nicht unterkriegen.

Welchen Herausforderungen begegnest du als Frau in deinem Beruf?
Ich genieße jetzt großen Respekt in meiner Position. Das hat sich mit der Zeit aufgebaut. Im Technikbereich muss eine Frau immer mehr wissen, um Fuß zu fassen.

Frauen in der IT-Sicherheitsbranche sind noch eine Minderheit. Was denkst du darüber?
Das Problem fängt in Deutschland schon sehr früh an. Im MINT-Bereich werden Jungen immer noch als Maßstab genommen. In Mathematik begabte Mädchen sind dann „so gut wie die Jungs“. Leider stecken auch manche Eltern in alten Rollenmustern fest. Wenn die Tochter in Naturwissenschaften zurückfällt, winkt man ab und sagt: „Das ist für sie als Frau später auch gar nicht so wichtig.“

Wer sind deine persönlichen oder beruflichen Vorbilder?
Viele Vorbilder und alle sind in meiner Familie zu finden. Meine Mutter war in Rumänien 1968 die erste Lkw-Fahrerin und später als erste Frau auch Fahrlehrerin. Sie fuhr Rallyes und arbeitet heute mit 79 immer noch 6 Tage die Woche. Ich bin unheimlich stolz auf sie. Sie hat mir viel gegeben.

 

 

Martina Vogt, IT Security Consultant

Hallo, Martina, bitte erzähle uns doch einmal kurz von dir persönlich und was dein Beruf ist?
Mich hat schon immer interessiert, wie Menschen lernen und wie Organisationen und Gesellschaften funktionieren. In meinem Studium der Berufspädagogik und Soziologie habe ich darauf Antworten bekommen. Grob gesagt ist die Entwicklung von Lernprozessen von Einzelnen als auch von Organisationen mein Beruf. Bei TO bin ich für den Bereich IT Security Awareness zuständig, das heißt für die Entwicklung von Bildungsmaßnahmen zur nachhaltigen Steigerung des Sicherheitsbewusstseins der Mitarbeitenden in Unternehmen.

Wie bist du in der IT-Branche gelandet? 
Der erste Kontakt mit TO war Zufall. Für mich dann aber so interessant und inspirierend, dass ich große Lust hatte TOlerin zu werden und die IT-Branche aus der Perspektive einer Didaktikerin kennenzulernen. Und ich bin sehr zufrieden, in der IT-Branche gelandet zu sein.

Hat dich Technologie schon immer interessiert?
Nein, nicht wenn Technologie als Wissenschaft von der Technik zur Planung und Herstellung von Produkten verstanden wird. Aber JA, in dem Sinne, dass Technologie über die reine Technikfokussierung hinaus geht und neben den technischen Themen auch andere relevante Faktoren umfasst. Im Bereich Security Awareness geht es um den Faktor Mensch im Kontext der Technologie. Es sind Lern- bzw. Handlungsprozesse, die einen wichtigen Beitrag für IT-Security leisten.

Was gefällt dir an deiner Tätigkeit am meisten?
Menschen mit guten Konzepten für Cyber Security zu sensibilisieren und sie für die Abwehr von  Angriffen handlungsfähig zu machen, macht einfach Sinn.

Wo findet man dich in der Freizeit am ehesten?
Momentan viel auf Spielplätzen und ich freue mich auch darauf, wenn die Stadt und die Kultur wieder auflebt.

Was möchtest du Frauen oder Mädchen mitgeben, die sich für Technik interessieren?
Geht auf jeden Fall in den Bereich, wenn ihr Interesse und Begeisterung dafür habt. Vernetzt euch über Initiativen und Programme für Frauen in technischen Berufen oder Berufsfeldern und profitiert davon. Der technische Bereich bietet viele Möglichkeiten und Perspektiven.

Frauen in der IT-Sicherheitsbranche sind noch eine Minderheit. Was denkst du darüber?
Frauen sind in MINT-Berufen generell unterrepräsentiert. Stereotype müssen abgebaut werden und es muss eine frühe Ansprache und stärkere Berücksichtigung der Interessen der Mädchen in der Schule auf die Agenda.

Wer sind deine persönlichen oder beruflichen Vorbilder?
Meine Vorbilder waren bis jetzt immer Menschen, die mir Impulse gegeben haben, meine Komfortzone zu verlassen.

 

 

Daniela Berger, IT Security Consultant

Hallo, Daniela, bitte erzähle uns doch einmal kurz von dir persönlich und was dein Beruf ist?
Ich bin Multikulti aufgewachsen und durfte viel in meiner Jugend reisen. Daher konnte ich sehr viel von der Welt im jungen Alter sehen. Das hat mir in meinem privaten und beruflichen Leben sehr viel geholfen. Mein Beruf ist Cybersecurity Strategien aufzubauen und umzusetzen. Ein großer Teil davon besteht darin, eine Organisation aufzubauen, die Informationssicherheit unterstützt. Es scheint auf den ersten Blick ein etwas trockenes Thema zu sein, aber in der Realität ist es sehr interessant und hat viele Facetten: von organisatorischen Themen zu technischen Themen, Betriebswirtschaft und vor allem Menschen.

Wie bist du in der IT-Branche gelandet?
2001 war ich bereits mit Webseiten 1.0 beschäftigt und hatte super Ideen zu E-Commerce. Leider wohnte ich auf dem Land. Und da gibt es nicht so viele Menschen, die in diese Technologien investieren wollen. Daher bin ich nach Deutschland gekommen und habe erst mal in einer Telemarketingfirma für HP gearbeitet. Danach war ich direkt bei HP angestellt und habe dort im Partnervertrieb gearbeitet. Damit habe ich SAP und alle Server Technologien kennengelernt, damals war die VMware relativ neu. Nachdem unsere Abteilung geschlossen wurde, bin ich zur SAP AG gewechselt. Das waren sehr schöne Jahre und dort habe ich das Thema Infrastruktur kennengelernt. Von dann an habe ich mich Jahr für Jahr technisch entwickelt und große weltweite Projekte geleitet, als Selbständige, in Dienstleistungsfirmen und auch in großen internationalen Unternehmen.

Hat dich Technologie schon immer interessiert?
Aber zum Thema Technik… Ich war in Sachen Physik und Mathematik meistens sehr schlecht in der Schule. Der Grund dafür war, dass der Unterricht extrem langweilig war. Was mich interessierte, damals schon mit 10-11 Jahren, war Quantenphysik und Quantenmathematik. Das war mega! Damit ich etwas von Technik lerne, haben meine Eltern mir einen Computer geschenkt: einen Commodore 64. Damit konnte man Programmieren, aber auch das war mir etwas zu sehr eingeschränkt. Dennoch, wenigstens etwas, dass nicht jeder hatte.  Astronomie war mein Lieblingszeitvertreib.

Was gefällt dir an deiner Tätigkeit am meisten?
Mich mit Menschen auszutauschen, Herausforderungen anzugehen und Projekte zum Erfolg zu bringen. Teamarbeit über viele Länder und Kulturen, neue Technologien einsetzen und die Kunden in die Zukunft bringen.

Wo findet man dich in der Freizeit am ehesten?
Entweder draußen mit Freunden, am liebsten wo es warm und sonnig ist, und wo die Luft sauber ist, beim Tanzen, auf Partys, im Kino und beim Tauchen. Oder seit Corona auf der Couch.

Was möchtest du Frauen oder Mädchen mitgeben, die sich für Technik interessieren?
Lasst euch nicht runterkriegen. Aber sei immer besser als alle anderen, bringe einen Mehrwert ins Team. Als Frau bringt man diesen Mehrwert ohnehin mit. Kenne aber deine Grenzen und nimm dir Zeit für dich.

Welchen Ratschlag verfolgst du bis heute?
Wenn du im Unternehmen etwas willst, frag den Geschäftsführer. Lerne Sprachen, das ist immer eine gute Investition und bilde dich immer weiter. Lass dich nie schlecht behandeln. Wenn dir etwas nicht gefällt, muss es gesagt werden.

Welchen Herausforderungen begegnest du als Frau in deinem Beruf?
Meistens wird man als allererstes als ungeeignet und inkompetent gesehen. Es dauert, bis das Vertrauen da ist. Da kommt es dann auf den Mehrwert an, den man mit sich bringt.
Dadurch, dass ich im jungen Alter vier Sprachen gelernt habe, haben sich meine Kollegen oft geringwertig gefühlt. Das hat natürlich nicht für Harmonie gesorgt.

Frauen in der IT-Sicherheitsbranche sind noch eine Minderheit. Was denkst du darüber?
Tja, wie gesagt: Was bringt man für einen Mehrwert mit? Und will man seinen eigenen Weg gehen oder will man den sozial-korrekten Weg gehen? Das muss man selbst entscheiden.
Ich habe mich gegen Heirat und Kinder entschieden, das war nichts für mich, hat mich nicht interessiert und passt gar nicht zu meinem Charakter.

Wer sind deine persönlichen oder beruflichen Vorbilder?
Cawa Younosi – Personalchef bei SAP AG. Jahrhundertkünstlerinnen wie Nina Simone. Meine ehemalige Tanzlehrerin sowie mein ehemaliger Karate-Lehrer. Beruflich habe ich keine Vorbilder, es sei denn im Management von Menschen: Einen von meinen Kunden, mein erster Chef bei SAP.

 

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